Page 11 - BussoPeus Auktion 433
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Zum Geleit



              Die Antikenpartie des vorliegenden Kataloges setzt sich aus zahlreichen Sammlungen oder Samm-
              lungsteilen zusammen, von denen zwei eine besondere Würdigung verdienen.

              Sammlung eines Provenienz-Enthusiasten
              Der Anspruch des Sammlers war es, eine Auswahl von Stücken zu treffen, die die griechische Münz-
              prägung in ihrer Gesamtheit repräsentiert. So sind so gut wie alle (geld-)historisch bedeutenden
              “Schlüsselmünzen” aus allen Regionen der griechischen Welt vertreten, mit einem Schwerpunkt auf
              der Magna Grecia, deren Ästhetik den Sammler besonders reizte. Unser Sammler wurde insbeson-
              dere von zwei Gedanken geleitet. Wie beim raschen Durchsehen der griechischen Partie zu sehen
              ist, sollten die Stücke von guter Qualität sein, wobei sowohl an den Stil als auch die Erhaltung hohe
              Ansprüche gestellt wurden. Die durchgehend gediegene Tönung (zumeist eine veritable Kabinetts-
              tönung) offenbart einen zweiten Anspruch, dem unser Sammler mit geradezu sportlichem Ehrgeiz
              nachgegangen ist: Ihm war es wichtig, Münzen zu erwerben, die bereits eine lange Sammlungsge-
              schichte haben. So kommt es, dass sich in den Provenienzangaben auch in diesem Katalog wieder
              viele der klangvollen Namen der klassischen Numismatik finden: Arthur Evans (Nrn. 1008, 11 6), R.
              Jameson (Nrn. 1113, 13 3), Richard C. Lockett (Nrn. 1032, 1036, 11 6, 1254), Henri de Nanteuil
              (Nrn. 1067, 1136, 1140, 1152), Vicomte de Sartiges (Nr. 1030), Konsul Weber (Nr. 11 6), aber auch
              jüngere „Großsammler“ wie Athos (und Dina) Moretti (Nrn. 1044, 1068, 10  ) und der legendäre
              „BCD“ (Nrn. 114 , 1185, 1188 sowie auch 11 0 aus der Slg. eines Schwanenfreundes). Unser Titel-
              stück (Nr. 1073) entstammt der 1 08 versteigerten Sammlung des Prinzen Chatkowski, ebenso wie
              die Nr. 1376. Neben dem Gedanken an Sammlerpersönlichkeiten wie diese war es auch die Erinne-
              rung an Gelehrte, die diese Sammlungen publizierten und durch deren Hände die hier nun angebo-
              tenen Stücke gegangen sind:  E. S. G. Robinson, L. Forrer, H. Cahn. Sein starkes antiquarisches
              Interesse, gepaart mit einem guten Auge und großer Ausdauer, ermöglichte es unserem Provenienz-
              Enthusiasten vielfach, Stücke zu erwerben, deren Provenienz von den Bearbeitern der jeweiligen
              Auktionen nicht erkannt worden war. Gelegentlich erwarb er auch qualitätvolle Stücke, deren Anmu-
              tung eine „tiefe“ Provenienz erahnen ließ, die jedoch bis heute nicht aufgedeckt werden konnte. Diese
              Aufgabe überlässt er nun gerne anderen, die sich ebenfalls für das aktuell und wohl auch künftig sehr
              gefragte Thema der Provenienzen begeistern. Was wiederum nicht bedeuten soll, dass man die Mün-
              zen aus dieser Sammlung nicht allein aufgrund ihrer ansprechenden Qualität erwerben kann.

              Sammlung eines Schwanenfreundes
              Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgte unser Schwanenfreund. Seine Sammlung umfasst alle Epo-
              chen der Münzprägung und konzentriert sich allein auf ein Motiv: den Schwan (griech. kýknos, lat.
              cygnus oder olor). Für den Bereich der Antike scheinen einige wenige Hinweise zur Deutung dieses
              nicht gerade häufigen Bildes angebracht. Im Mittelmeerraum war der Schwan ein gern gesehener und
              aufmerksam beobachteter Wintergast. Es war vor allem der nordische Singschwan (Cygnus cygnus),
              der sich in Seen und Flussdeltas Siziliens und Kleinasiens niederließ und mit seinen eigentümlichen
              Lauten und der eindrucksvollen Größe sowie der auffälligen Farbe die Fantasie der dort ansässigen
              Menschen anregte. Die Beobachtung der jährlichen Wanderung der Schwäne formte sich in ein My-
              thologem, das grundsätzlich in allen “Schwanen-Städten” zu erwarten ist: Schwäne zogen das Gefährt
              des Apollon und trugen es in jedem Frühjahr in das Land der Hyperboräer (also den Norden). Schwä-
              ne wurden also mit dem Licht- und Orakelgott Apollon und seinem Geburtsmythos in Verbindung
              gebracht und galten allgemein als dessen Boten. Überall - so scheint es - liegt dem Schwan als Münz-
              bild ein bedeutender Apollonkult in der jeweils prägenden Stadt zugrunde.
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