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                                            Burkhard Graichen 14.09.1955 – 9.12.2021.
                                            Eine einzigartige Sammlung von Proben,
                                            Abschlägen und verprägungen.



                                            Wer an den Münzsammler Burkhard Graichen denkt, denkt an die Aufnahme ins
                                            Guinnessbuch der Rekorde. Nicht nur seine Sammlung war außergewöhnlich,
                                            sondern auch Graichen selbst, denn um seine Sammlung zu vervollständigen,
                                            verzichtete er auf sehr vieles, was für die  meisten von uns kaum vorstellbar wäre.
                                            Wie konnte es anders sein, dass ein bescheidener Angestellter im Lebensmittel-
                                            bereich zu einer Münzsammlung kam, wie diese bisher noch nirgends auf der
                                            Welt  zusammengetragen  wurde?  So  einzigartig,  dass  die  Sammlung  1995  in
                                            das  Guinnessbuch  der  Rekorde  aufgenommen  wurde.  Oft  erwähnte  er  die
                                            aufopferungsvolle  Unterstützung  seiner  Ehefrau  Jutta,  ohne  deren  Zuneigung
                                            diese Sammlung heute nicht bestehen würde.

                Sein Tod kam sehr plötzlich und zu einer Zeit, in der er noch mitten im Münzleben stand und als Rentner seinem Hobby
                noch intensiver nachgehen konnte. Es verging kaum eine Woche, in der er nicht zu Besuch in der Firma Peus Nachf.
                zu Gast war. Wer Graichen persönlich kannte, weiß wie beharrlich er manche Münzen aufspürte und mit größtem
                persönlichem und finanziellem Einsatz letztendlich erwerben konnte. Was er haben wollte, das bekam er meistens, weil
                viele seiner Mäzene ihm wohl gesonnen waren und ihn tatkräftig unterstützten. In den 1980er Jahren konnte er seine
                Sammlung auf einer Münzbörse in Stuttgart zeigen, und 2005 bekam er im Gebäude der Europäischen Zentralbank
                in Frankfurt am Main nochmals eine solche Gelegenheit, die von vielen tausenden Besuchern wahrgenommen wurde.
                Die  Münzsammlung  von  Graichen  ist  in  ihrer  Art  und  Größe  einzigartig.  Ihn  interessierten  hauptsächlich  die  oft
                vernachlässigten deutschen Kleinmünzen nach 1871 bis einschließlich der Euro-Währung. Hier versuchte er einerseits
                von jedem Jahrgang und aus jeder Prägestätte ein Exemplar zu finden, andererseits dazu aber auch Entwürfe, Proben,
                Metallproben, Gestaltungsproben, Rohlinge - gerändelt und ungerändelt - mit seltenen oder auch häufigeren Fehlern wie
                Stempeldrehungen, Dezentrierungen, Doppeltprägungen, Rondenverwechslungen - ja selbst unbefugte Prägungen. In
                dieser Sammlung ist fast alles enthalten, was bei der Prägung gut oder auch falsch laufen kann. Seinen größten Wunsch,
                die Sammlung an einem öffentlich zugänglichen Standort langfristig zu präsentieren, konnte er nicht verwirklichen. Die
                numismatische Welt und die Sammlergemeinschaft darf sich daher darüber freuen, wenn die Sammlung jetzt insgesamt
                in zwei Auktionen unter den Hammer kommt. So gesehen, wird die Graichen-Sammlung ein wenig Unsterblichkeit
                erreichen und in vielen kleinen Teilchen weiter existieren. Die Münzhandlung Dr. Busso Peus Nachf. freut sich darüber,
                eine so umfangreiche Sammlung dieses speziellen Themas anbieten zu können.

                Zur Ordnung des Katalogs:
                Die Ordnung des Sammlers war penibel. Danach kamen zu der oft häufigen Typmünze 1.) alle erdenklichen Abschläge
                in Fremdmetallen oder prägetechnisch interessante, meist einseitige Abschläge, geordnet nach Metall, nicht Jahreszahl
                hinzu. Zu jedem Typ wurden danach 2.) unterschiedlich ausgeprägte Fehlprägungen als ein weiteres zentrales Anliegen
                der Sammlung zusammengetragen. Abschließend folgten 3.) Motivproben. Da er sich sowohl für das Eine als auch
                das Andere gleichermaßen interessierte, gibt es zahlreiche Überschneidungen bei der Zuordnung in die Kategorien.
                Burkhard Graichen hatte alle seine Münzen im Gedächtnis, und ihm war stets klar, wo er ein besonderes Stück in
                seinem System suchen musste. Um den Charakter der Sammlung zu bewahren und dem Werk Graichens Rechnung
                zu tragen, wurde entschieden, von der üblichen chronologischen Ordnung abzuweichen, und eine Sortierung im Sinne
                des  Sammlers  zu  erreichen.  Dabei  gibt  es  teilweise  Überschneidungen.  Die  Frage,  wo  eine  dezentrierte,  einseitige
                Motivprobe in typfremdem Metall genau einzuordnen ist, fällt naturgemäß dem Sammler allein zu. Wir versuchten,
                die  grundlegende  Ordnung  so  weit  wie  möglich  einzuhalten,  nämlich  die  Abstufung  von  Abschlägen  nach  Metall,
                gefolgt von Verprägungen und Motivproben. Randgebiete neben seiner Kernsammlung, nämlich Typen- oder sogar
                Jahrgangssammlungen mancher häufiger „Normalprägungen“ von Kursmünzen werden im Herbst, in der Auktion
                432, meist als Konvolute angeboten werden. Auch Varianten und Verprägungen altdeutscher Münzen des 19. Jhs. seien
                bereits vorausblickend erwähnt.

                Frankfurt im April 2022







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